Kürzungen bei Drogenhilfe in Berlin: Metall statt Menschen
Viele Angebote zur Drogenhilfe sind kaum angelaufen, da will der Senat sie schon wieder einstellen. An den Plänen für den Görli-Zaun halten CDU und SPD dagegen fest.

Doch wenn es nach CDU und SPD geht, ist damit bald Schluss. Im Haushaltsentwurf für die kommenden beiden Jahre sind keine Mittel mehr für die sozialen und gesundheitspolitischen Maßnahmen des Sicherheitspakets vorgesehen. Geld soll es dann nur noch für den Zaun um den Görlitzer Park und für Videoüberwachung geben.
Nach nur acht Monaten könnte die Arbeit der Sozialarbeiter*innen von Gangway am Kotti also bald abrupt enden. Für Hanna Lauter, die bei dem Träger die Projekte in Friedrichshain-Kreuzberg koordiniert, ist das völlig unverständlich. „Beziehungsarbeit bildet unsere Arbeitsgrundlage. Die fällt weg, wenn Projekte nicht verstetigt werden“, betont Lauter am Mittwoch. Die Zielgruppe am Kotti sei sehr vulnerabel, es gebe große Verelendung: „Das sind überlebenswichtige Hilfen.“
Erfolgreiche Projekte vor dem Aus
Rund 30 Millionen Euro hatte das Land über zwei Jahre zur Verfügung gestellt, um den Problemen mit Drogenkonsum, Verwahrlosung und Kriminalität an verschiedenen Orten in Berlin beizukommen. Neben dem Projekt von Gangway stehen viele weitere erfolgreiche Angebote vor dem Aus: etwa das „Peer-Projekt“ der Drogenhilfe Fixpunkt, bei dem Menschen aus der Drogenszene gemeinsam mit Sozialarbeiter*innen Konsummaterialien einsammeln.
Clara Herrmann (Grüne), Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg
„Der Senat hat beschlossen, den öffentlichen Raum aufzugeben, das zeigt der Haushalt eindeutig“, kritisiert Clara Herrmann (Grüne), Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg. Sicherheit entstehe nicht durch repressive Maßnahmen wie Zäune oder Videokameras, sondern durch soziale Gerechtigkeit und mehr Teilhabe. „Das Parlament muss dringend andere Prioritäten setzen“, fordert Herrmann mit Blick auf die anstehende Haushaltsdebatte im Abgeordnetenhaus.
Konkret wolle sie Angebote für Wohnungslose und für Suchtkranke stärker miteinander verbinden. Nur so lasse sich das Thema Konsum in der Öffentlichkeit effektiv angehen.
Raphael Schubert von Fixpunkt unterstützt das. „Menschen, die im öffentlichen Raum konsumieren, machen das ja nicht gerne“, betont er. Neben Konsumräumen biete der Träger seit Kurzem auch Tagesschlafplätze in unmittelbarer Nähe zum Görlitzer Park an. Die seien auch mit Blick auf den nahenden Winter essenziell. „Das sind Maßnahmen, die nicht nur den suchtkranken Menschen zugutekommen, sondern auch den Anwohner*innen im Bezirk“, erklärt Schubert.
Den Kiezhausmeistern gekündigt
Neben den Geldern aus dem Sicherheitspaket will der Senat auch weitere Mittel für Projekte im öffentlichen Raum streichen. Etwa soll der Topf „Saubere Stadt“ bei der Senatsumweltverwaltung um rund die Hälfte gekürzt werden. Damit dürften die Kiezhausmeister in Friedrichshain-Kreuzberg und die Parkläufer in der ganzen Stadt bald Geschichte sein. Zum Teil sei den Mitarbeiter*innen bereits gekündigt worden, hieß es vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg am Mittwoch.
Das bedeutet auch: Selbst wenn die Kürzungen im Zuge der Haushaltsberatungen doch noch teilweise zurückgenommen werden, sind die bisherigen erfahrenen Mitarbeiter*innen dann wohl nicht mehr verfügbar.
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